Montag, 30. Mai 2016

Naomi Novik - Uprooted




Es war ganz einfach Liebe auf den ersten Absatz. Hach, ich bin hingerissen von diesem Buch. Nachdem ich von Naomi Novik bisher bloß die Temeraire-Reihe kannte (Napoleonische Kriege im Fantasygewand), bei der für mich nach dem vierten Band leider die Luft raus war, hat sie mich hier als Leserin zurückgewonnen.

Vorneweg: Dies ist ein Einzelband. Es gibt keine Fortsetzung. Es braucht auch keine Fortsetzung. Gerade im Fantasybereich gibt es so wenige gute Einzelbücher, dass dies unbedingt erwähnt werden muss.

Grundlage der Geschichte ist das Fantasy-Klischee überhaupt, nämlich ein gefürchteter Magier in seinem Turm und ein verwunschener Wald drum herum. Frau Novik scheint viel Spaß daran gehabt zu haben, diesem altbekannten Gerüst neues Leben einzuhauchen und mit den Erwartungen Ihrer Leser zu spielen. Mir hat jedenfalls gefallen, was dabei heraus kam.

Alle zehn Jahre wählt der Drache, wie der Magier aus dem Turm genannt wird, ein siebzehnjähriges Mädchen aus den umliegenden Dörfern aus, welches ihn in seinen Turm begleitet und in den kommenden zehn Jahren für ihn arbeitet. Mag dies auch vielleicht moralisch fragwürdig sein, so ist den Dörflern doch sehr bewusst, dass dies die einzige Forderung ist, die der Drache stellt, um im Gegenzug die Dörfler zu schützen. Denn der Wald hat es in sich und ist ein ernstzunehmender Gegner, dem nur mit Magie beizukommen ist. Und davon abgesehen werden die Mädels nach den zehn Jahren mit einer ansehnlichen Mitgift ausgestattet. So verkneift man sich lieber ein zu genaues Hinterfragen dieses Arrangements. Als es nun wieder einmal Zeit für ein neues Dienstmädchen wird sind alle überzeugt davon, die Wahl würde auf Kasia fallen. Sie ist das hübscheste 17jährige Mädchen, intelligent, graziös, perfekt und wurde schon von klein auf auf ihre Rolle vorbereitet. Niemand ist überraschter als Agnieszka, Kasias etwas schusselige beste Freundin, als der Drache statt dessen vor ihr stehen bleibt...

Die Geschichte ist aus Agnieszkas Sicht geschrieben, die zwar aufgrund ihres Geburtsjahres immer mit dem Gedanken an die Auswahlzeremonie gelebt hat, jedoch nie wirklich damit rechnete, dass dieses Los sie treffen könnte. Man lernt sie als bodenständige, etwas tollpatschige aber auch sehr warmherzige junge Frau kennen, die versucht, ihrer Freundin Kasia beizustehen. Denn, was immer die Erwachsenen auch sagen oder denken mögen, für die Mädels ist es eine gruselige Vorstellung, mit dem Drachen mitzugehen.

Und auch der Drache selbst scheint über den Ausgang der Zeremonie nicht besonders erfreut zu sein. Novik hat hier zwei grundverschiedene Persönlichkeiten erschaffen, die sie zusammen in den Turm pflanzt. Denn während Agnieszka offen, frei und ziemlich chaotisch ist, ist der überraschend jung aussehende Drache von Ordnung nahezu besessen und lässt kaum einen Blick in sein Innenleben zu. Und auch hier spielt Novik erfolgreich mit den Erwartungen der Leser. Der weitere Storyverlauf scheint hier sehr vorhersehbar zu sein, schwenkt aber in eine ganz andere Richtung und wird zu einer Geschichte über Freundschaft, Verrat, Mut, Loyalität und Mitgefühl.

Von mir gibt es eine Leseempfehlung.

Dienstag, 17. Mai 2016

Eleanor Brown - Die Shakespeare-Schwestern


Als sie von der Krebserkrankung ihrer Mutter erfahren ziehen die Schwestern Rosalind, Bianca und Cordelia kurzerhand wieder bei ihren Eltern ein, um diesen während der Behandlung beizustehen. Zumindest ist das der offizielle Grund. Denn, auch wenn sie dies nie zugeben würden, im Leben der Drei läuft zur Zeit einiges schief und eine Flucht nach Hause scheint der einzige Ausweg. Oder doch zumindest eine Verschnaufpause, um herauszufinden, wie es nun weitergehen soll.

Der Roman hat eine recht auffällige Erzählperspektive, denn die Geschichte wird von allen drei Schwestern gemeinsam erzählt. Dabei können mit dem "wir" dann verschiedene Konstellationen gemeint sein, so dass es immer so wirkt, als würden zwei Schwestern über die dritte sprechen. Das passt auch wiederum zu den Romanfiguren, denn auch diese gehören zwar zusammen, sind aber von Grund auf unterschiedlich und bezüglich ihrer Ansichten kaum unter einen Hut zu bringen.

"Die Geschichte dieser Trinität ist unzuverlässig - mit stets sich verschiebenden Parteiungen, niemals ausgeglichen, niemals gleich. Zwei gegen eine, oder alle drei gegeneinander, aber nie alle gemeinsam." S. 36

Und trotzdem ist die Verbindung zwischen den Dreien immer zu spüren. Sie gehören zusammen, sind "die Zauberschwestern".

Zu Hause gestrandet werden sie nun jedoch nicht nur mit den eigenen, sondern auch den Problemen der anderen Schwestern konfrontiert, was zu einigen Spannungen führt. Denn es fällt ihnen allen schon wahnsinnig schwer, sich selbst gegenüber ein Scheitern einzugestehen, den anderen gegenüber offen zu sein ist noch einmal eine ganz andere Nummer. Zumal sie ein gewisses Konkurrenzverhalten aus Kindertagen, so blöd sie es auch selbst finden, nie ganz überwunden haben.

Der ganze Roman ist gespickt mit Shakespeare-Zitaten, die sich perfekt in den ansonsten locker-leichten Schreibstil einfügen. Ein besonders Hintergrundwissen bezüglich der Shakespeare-Stücke ist zum Verständnis des Romans nicht erforderlich. Wichtige Anspielungen werden ausreichend erklärt. (...irgendwie habe ich gerade das Bedürfnis nach "Macbeth" zu greifen.)

Nicht nur die Schwestern, sondern auch die übrigen Figuren dieses Romanes sind interessant gestaltet. So sind auch die Eltern der Drei recht speziell. Die beiden führen einen eher ungewöhnlichen Haushalt, in dem Lesen einen ganz besonderen Stellenwert hat. Lebenswichtig und unverzichtbar.

"Die Laster unserer Familie - Unordnung und Literatur..." S. 34

Bloß für das Ende gibt es einen Punktabzug, denn das ist an Kitsch kaum noch zu übertreffen. Eine Gesichte positiv und hoffnungsvoll enden zu lassen ist eine Sache, aber diese Zuckerorgie war eindeutig zu viel des Guten. Sorry, aber das letzte Kapitel und der Epilog gehören umgeschrieben.


Montag, 9. Mai 2016

Sonya Bateman - Wrong Side of Hell

The DeathSpeaker Codex

Band 1 - Wrong Side of Hell
Band 2 - Fields of Blood
Band 3 - Realm of Mirrors
Band 4 - Return of the Hunters (noch nicht erschienen)



Gideon Black hat eine Ausbildung zum Rettungssanitäter abgeschlossen, doch ansonsten entspricht sein Leben nicht gerade den gesellschaftlichen Normen: Er lebt in seinem Van und verdient sich den Lebensunterhalt damit, für die Polizei und andere Kunden Leichen durch die Gegend zu fahren. Und hin und wieder hilft er einem befreundeten Detective, da er ein besonderes Gespür dafür hat, die letzten Minuten eines Verstorbenen zu rekonstruieren.

Als nun innerhalb weniger Tage im Central Park zwei Leichen mit identischen Tätowierungen auftauchen werden Detective Strauss und Gideon aufmerksam. Doch ohne Erklärung wird Strauss von dem Fall abgezogen und die Leichen zu Opfern eines Wolfsangriffs erklärt. Das hält Gidon jedoch für unmöglich und beschließt, auf eigene Faust weitere Nachforschungen anzustellen... und gerät dabei zwischen die Fronten einer Geheimorganisation und den Anderen.

Werwölfe, magische Amulette, Feen und ein fieser Geheimbund, hier sind sie alle versammelt und bevölkern eine düster-spannende Geschichte.

Gideon Black ist der typische Ich-Erzähler einer actionreichen Urban-Fantasy-Story. Völlig ohne Plan gerät er in eine ihm fremde Welt, die der Leser mit ihm zusammen erkundet. Denn in New York leben neben den Menschen auch noch die Anderen. Die Feen, die Werwölfe, die Boogeypersonen (ja, auch hier gibt es politische Korrektheit) und einige andere fantastische Figuren mehr. Gideon wirkt sympatisch und ist alles andere als perfekt. Und natürlich - und auch das ist für dieses Genre wohl typisch - hat die immer einen lockeren Spruch auf den Lippen. Überhaupt spielt der Humor in dem Buch eine wichtige Rolle.

Auch die anderen Figueren wirken interessant, brauchen aber dringend noch etwas Spielraum, um sich zu entfalten. Dazu war dieser Roman dann vielleicht etwas zu dicht gedrängt. Ein paar Seiten mehr hätten nicht geschadet. Und vielleicht hat die Figur Gideon etwas zu schnell gelernt mit Magie umzugehen. Allerdings scheint das auch für einige der übrigen Figuren seltsam zu sein, so dass ich das erst mal hinnehmen kann mit dem Gedanken, dass da hoffentlich noch eine Erklärung nachgereicht wird.

Diese Reihe werde ich wohl mal im Auge behalten...

Dienstag, 3. Mai 2016

Phillip P. Peterson - Transport

Es ist mal wieder Scifi-Zeit und dieses Buch wartete schon viel zu lange ungelesen auf meinem Reader. Völlig zu unrecht, denn das rasante Actionspektakel hat mich richtig gut unterhalten.



Story:
Russel Harris sitzt im Todestrakt und wartet auf seine bevorstehende Hinrichtigung. Als ihm die Möglichkeit geboten wird, durch die Teilnahme an einer geheimen militärischen Mission seine Begnadigung zu erreichen, zögert er nicht lange. Doch diese Mission erweist sich als ziemlich speziell.

Ein außerirdisches Artefakt wurde entdeckt, mit dem Menschen auf fremde Planeten transportiert werden können. Leider weiß niemand so genau, wie der Apparat funktioniert, die Zielanwahl erfolgt rein zufällig, und während der erste Versuch mehr oder weniger erfolgreich verläuft, wird der enthusiastische zweite Astronaut zu Matsch. Die Freiwilligenzahl tendierte daraufhin verständlicherweise gen Null. Und so kommt das Militär auf die Idee, todgeweihten Gefangenen die Chance zu geben, durch das Absolvieren von Testtransporten eine Begnadigung zu erreichen, während die zuständigen Wissenschaftler hoffentlich dadurch die genaue Funktionsweise des Artefakts entschlüsseln.

Die Grundidee erinnert etwas an die Fernsehserie StarGate, wenn auch in einer wesentlich abgebrühteren Fassung (trotzdem sah Russel für mich aus wie Richard Dean Anderson *g*). Auch hier besitzt die Airforce ein Gerät, mit dem Menschen zu anderen Planeten geschickt werden können. Es besteht in dieser Geschichte jedoch keine Möglichkeit, vorher zu erkennen, was den Reisenden dort erwartet und ob er eine Chance hat, den Trip zu überleben. Darüber hinaus scheint es den Verantwortlichen auch nicht besonders schwer auf dem Gewissen zu lasten,  dass hier Menschen als Versuchskaninchen eingesetzt werden.

Das ganze Gesellschaftsbild ist sehr düster gestaltet und Peterson schafft es, mit wenigen Worten eine beklemmende Athmosphäre zu kreieren. Dagegen sind die Figuren vielleicht ein klein wenig blaß geblieben, da hätte ich mir an manchen Stellen etwas mehr Entfaltungsspielraum gewünscht. Durch die rasant voranschreitende Handlung wird dies jedoch wieder wett gemacht.

Den Sprachstil würde ich als schnörkellos und gradlinig beschreiben.

Wer spannende Science Fiction mag ist mit diesem Roman sicherlich gut bedient.

Hier geht es zur Homepage des Autors: www.raumvektor.de