Montag, 29. August 2016

Katarina Mazetti - Mein Leben als Pinguin


Originaltitel: Mitt liv som pingvin
Übersetzung: Katrin Frey



1. Satz: "So in etwa stelle ich mir die Hölle vor."
Zweck erfüllt. Das Buch ist gekauft. wenn eine Geschichte über eine Gruppenreise so anfängt, ist das schon mal vielversprechend. 


Und ja, es ist endlich mal wieder ein Buch, bei dem ich begeistert, fasziniert und hingerissen an den Seiten geklebt habe. Von Anfang bis Ende.

Völlig ohne Kitsch und Sentimentalitäten liefert Frau Mazetti hier eine warmherzige, gefühlvolle Geschichte ab, in der der Leser eine Reisegruppe auf einem Kreuzfahrtschiff Richtung Antarktis begleitet.

Schon die Erzählperspektive fand ich sehr passend gewählt. Statt eines allgemeinen Erzählers berichten abwechselnd drei allein reisende Passagiere von den Ereignissen. Auf diese Weise wirkt alles sehr nahe und persönlich. Die Figuren bekommen schnell Tiefe. Und trotz der einfachen, sehr klaren Sprache bekommen alle drei eine ganz eigene Erzählstimme.

Da ist zum einen Wilma, eine junge Lehrerin, die zunächst etwas hilflos wirkt, aber voller Lebenslust sämtlich Hürden in Angriff nimmt. Dann wäre da Tomas, ein nach außen hin etwas ruppig wirkender Geselle, der an seiner Scheidung zu knabbern hat. Und natürlich Alba, eine ältere Dame, die bislang ein ziemlich abenteuerliches Leben geführt hat. Und zwischendurch gibt es noch etwas Kabinengeflüster.

Die ganze Geschicht ist natürlich etwas überspitzt angelegt. So befinden sich unter den rund 50 Passagieren recht eigenwillige Figuren. Man trifft auf leidenschaftliche Vogelbetrachter, bemühte Reiseleiter, nervige Geschwisterpärchen, eine Geschäftsfrau mit ungewöhnlichen Werbeideen, freundliche Barmenschen, ältere Damen auf der Suche nach reichen Vogelbetrachtern (gerne auch Witwer)... dabei wird jedoch immer eine feine Grenze beachtet. Zu abgedreht wirkt es nie.

Leicht und humorvoll gehalten wagt sich die Erzählung dann auch an unangenehme Themen, ohne dabei schwermütig zu werden oder die Stimmung niederzudrücken.

Lesetipp!


Mittwoch, 22. Juni 2016

Anne Sanders - Sommer in St. Ives



Wenn die 75-jährige Großmutter genau ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes um ein Familientreffen bittet, dann werden keine großen Fragen gestellt, dann reist die Sippe an. Notfalls eben auch bis in ein kleines englisches Fischerdorf, in dem sie alle zusammen den Sommer verbringen wollen. Doch spätestens als Großmutter Elvira ihre Familie am ersten gemeinsamen Abend statt in ein gediegenes Restaurant in einen Pub führt, in dem ein Rockkonzert stattfindet, ist klar, diese Ferien haben es in sich.

"Alte Liebe. Neues Glück. Und ein verrückter Sommer in Cornwall..."

Das trifft den Inhalt ziemlich gut, denn Beziehungen sind das zentrale Thema dieses Buches, in allen ihren Formen. Zwischen Mutter und Tochter, zwischen Geschwistern, zwischen frisch verliebten Paaren und Auseinandergelebten. Alt und neu, verloren und wiedergefunden, alles ist dabei. Und das Ganze ohne Kitsch-Overkill, wofür es einen Sonderpunkt gibt. Denn wenn eine Familie, deren Mitglieder vollkommen unterschiedlich sind und die sich nicht unbedingt so wahnsinnig nahe stehen plötzlich für sechs Wochen im selben Haus wohnen soll, dann fliegen auch schon mal die Fetzen. Und manchmal braucht es eben genau das, um wieder zueinander zu finden.  



Die Geschichte wird größtenteils aus der Sicht von Elviras Enkelin Lola erzählt, unterbrochen von kleinen Episoden aus Elviras Vergangenheit. Diese nehmen jedoch vom Umfang her einen relativ kleinen Teil ein. Der Hauptteil der Geschichte ist in der Gegenwart angesiedelt. Die Elvira-Passagen wirken etwas ernsthafter, wogegen die Abschnitte aus Lolas Sicht herrlich locker und humorvoll gehalten sind, voller überraschender Ideen. 

Um es kurz zu machen, dieses Buch ist einfach zauberhaft. Wer noch ein Wohlfühlbuch für den Sommer sucht liegt hier goldrichtig.

Sonntag, 19. Juni 2016

Jim Butcher - Windjäger



Originaltitel: The Cinder Spires: the Aeronaut's Windlass
Übersetzer: Andreas Helweg




Das Cover mag vielleicht nicht darauf hindeuten, aber zwischen den Buchdeckeln verbirgt sich ein actiongeladenes Steampunk-Abenteuer. Der Meister der Dresden-Files hat ein neues Terrain betreten... und es ist geglückt.



Nachdem die Welt von Nebel überzogen ist und Monster die Oberfläche heimsuchen hat sich die Bevölkerung in riesige steinerne Türme zurückgezogen. Und mit riesig ist gemeint, dass sie jeweils die Bevölkerung einer Großstadt oder eines kleinen Landes beherbergen. So riesig, dass viele Bewohner niemals den freien Himmel sehen und das Leben auf dem Erdboden mittlerweile zu einer fernen Erinnerung verblasst ist. Noch dazu zu einer, die bloß für Schauergeschichten taugt. Verkehr zwischen den Türmen ist daher nur per Luftschiff möglich.

Allein schon das Setting macht den Roman spannend, einfach weil es mal etwas völlig anderes ist. Die einzelnen Türme sind völlig autark, was natürlich nicht heißt, dass es nicht trotzdem Gründe gibt, auf bestimmte Resourcen seiner Nachbarn zu schielen. Und so kommt es zu einem Luftschiffangriff auf den Turm Albion. Dieser kann zwar zurückgeschlagen werden, es stellt sich jedoch heraus, dass es sich um ein Ablenkungsmanöver handelte und währenddessen der Turm infiltriert wurde. Da es Hinweise auf Verräter innerhalb der eigenen Garde gibt stellt der Archon ein unabhängiges Team zusammen, dass die Verschwörung aufdecken und die Spione entlarven soll.

Neben dem Erfinden von ungewöhnlichen Settings hat Butcher auch ein Händchen für das Entwerfen interessanter Figuren. Sei es nun der Archon, der sich selbst als bloße Galionsfigur der Regierung bezeichnet, der leicht irre Ätherikermeister (okay, total irre) und sein Lehrmädchen (leicht irre) oder Kapitän Grimm, alle wirken lebendig und haben auch nach dem Roman noch etliche dunkle Ecken im Lebenslauf, auf die hoffentlich in einem Nachfolgeroman näher eingegangen wird. (Es gibt zwar keinen direkten Cliffhanger, das Buch schreit aber geradezu nach einer Fortsetzung.)

In Bezug auf die Figuren dieses Romans muss unbedingt noch Rowl erwähnt werden, denn dieser Geselle ist wirklich eine Marke für sich. Rowl ist eine Katze. Eine sprechende Katze. An dieser Stelle klinke ich mich in Geschichten normalerweise aus, weil ich sprechendes Viehzeugs nicht leiden kann. *seufz* Rowl ist eine großartige Figur. Butcher hat es tatsächlich geschafft, dass ich eine sprechende Katze akzeptiere. Das Tier ist arrogant, biestig und eine richtig coole Socke.

Sprachlich ist das Buch locker flockig leicht gehalten. Nichts Kompliziertes, dafür kommt Butchers Humor aber auch in der Übersetzung gut rüber. (*hust* bis auf die ein oder andere Szene, in der eine englische Redewendung/Wortspiel wörtlich übernommen wurde. Das stört jetzt zwar das Gesamtbild nicht sooo wahnsinnig, hat mich aber an ein paar Stellen ziemlich raus gehauen.)

Dagegen ist der Klappentext leider... nicht so dolle. Da steht was von "festungsartigen Städten auf den Gipfeln der Berge". Nope. Da sind Türme, mit vielen durchgeplanten Ebenen und Versorgungs- und Lüftungsschächten. Definitiv keine Berge. Und auch keine Städte oben drauf. Und wo kommt plötzlich das Luftschiff "Jäger" her? Falls es erwähnt wurde ist es mir entgangen. Grimm befehligt jedenfalls die "Raubtier". Und es ist auch nicht direkt sein Auftrag sonder eher der des Ätherikermeisters... Ähm. Ja.


Wertung: fünf Luftschiffe und eine Barkasse (soviel wie ein halbes Schiff)

Montag, 30. Mai 2016

Naomi Novik - Uprooted




Es war ganz einfach Liebe auf den ersten Absatz. Hach, ich bin hingerissen von diesem Buch. Nachdem ich von Naomi Novik bisher bloß die Temeraire-Reihe kannte (Napoleonische Kriege im Fantasygewand), bei der für mich nach dem vierten Band leider die Luft raus war, hat sie mich hier als Leserin zurückgewonnen.

Vorneweg: Dies ist ein Einzelband. Es gibt keine Fortsetzung. Es braucht auch keine Fortsetzung. Gerade im Fantasybereich gibt es so wenige gute Einzelbücher, dass dies unbedingt erwähnt werden muss.

Grundlage der Geschichte ist das Fantasy-Klischee überhaupt, nämlich ein gefürchteter Magier in seinem Turm und ein verwunschener Wald drum herum. Frau Novik scheint viel Spaß daran gehabt zu haben, diesem altbekannten Gerüst neues Leben einzuhauchen und mit den Erwartungen Ihrer Leser zu spielen. Mir hat jedenfalls gefallen, was dabei heraus kam.

Alle zehn Jahre wählt der Drache, wie der Magier aus dem Turm genannt wird, ein siebzehnjähriges Mädchen aus den umliegenden Dörfern aus, welches ihn in seinen Turm begleitet und in den kommenden zehn Jahren für ihn arbeitet. Mag dies auch vielleicht moralisch fragwürdig sein, so ist den Dörflern doch sehr bewusst, dass dies die einzige Forderung ist, die der Drache stellt, um im Gegenzug die Dörfler zu schützen. Denn der Wald hat es in sich und ist ein ernstzunehmender Gegner, dem nur mit Magie beizukommen ist. Und davon abgesehen werden die Mädels nach den zehn Jahren mit einer ansehnlichen Mitgift ausgestattet. So verkneift man sich lieber ein zu genaues Hinterfragen dieses Arrangements. Als es nun wieder einmal Zeit für ein neues Dienstmädchen wird sind alle überzeugt davon, die Wahl würde auf Kasia fallen. Sie ist das hübscheste 17jährige Mädchen, intelligent, graziös, perfekt und wurde schon von klein auf auf ihre Rolle vorbereitet. Niemand ist überraschter als Agnieszka, Kasias etwas schusselige beste Freundin, als der Drache statt dessen vor ihr stehen bleibt...

Die Geschichte ist aus Agnieszkas Sicht geschrieben, die zwar aufgrund ihres Geburtsjahres immer mit dem Gedanken an die Auswahlzeremonie gelebt hat, jedoch nie wirklich damit rechnete, dass dieses Los sie treffen könnte. Man lernt sie als bodenständige, etwas tollpatschige aber auch sehr warmherzige junge Frau kennen, die versucht, ihrer Freundin Kasia beizustehen. Denn, was immer die Erwachsenen auch sagen oder denken mögen, für die Mädels ist es eine gruselige Vorstellung, mit dem Drachen mitzugehen.

Und auch der Drache selbst scheint über den Ausgang der Zeremonie nicht besonders erfreut zu sein. Novik hat hier zwei grundverschiedene Persönlichkeiten erschaffen, die sie zusammen in den Turm pflanzt. Denn während Agnieszka offen, frei und ziemlich chaotisch ist, ist der überraschend jung aussehende Drache von Ordnung nahezu besessen und lässt kaum einen Blick in sein Innenleben zu. Und auch hier spielt Novik erfolgreich mit den Erwartungen der Leser. Der weitere Storyverlauf scheint hier sehr vorhersehbar zu sein, schwenkt aber in eine ganz andere Richtung und wird zu einer Geschichte über Freundschaft, Verrat, Mut, Loyalität und Mitgefühl.

Von mir gibt es eine Leseempfehlung.

Dienstag, 17. Mai 2016

Eleanor Brown - Die Shakespeare-Schwestern


Als sie von der Krebserkrankung ihrer Mutter erfahren ziehen die Schwestern Rosalind, Bianca und Cordelia kurzerhand wieder bei ihren Eltern ein, um diesen während der Behandlung beizustehen. Zumindest ist das der offizielle Grund. Denn, auch wenn sie dies nie zugeben würden, im Leben der Drei läuft zur Zeit einiges schief und eine Flucht nach Hause scheint der einzige Ausweg. Oder doch zumindest eine Verschnaufpause, um herauszufinden, wie es nun weitergehen soll.

Der Roman hat eine recht auffällige Erzählperspektive, denn die Geschichte wird von allen drei Schwestern gemeinsam erzählt. Dabei können mit dem "wir" dann verschiedene Konstellationen gemeint sein, so dass es immer so wirkt, als würden zwei Schwestern über die dritte sprechen. Das passt auch wiederum zu den Romanfiguren, denn auch diese gehören zwar zusammen, sind aber von Grund auf unterschiedlich und bezüglich ihrer Ansichten kaum unter einen Hut zu bringen.

"Die Geschichte dieser Trinität ist unzuverlässig - mit stets sich verschiebenden Parteiungen, niemals ausgeglichen, niemals gleich. Zwei gegen eine, oder alle drei gegeneinander, aber nie alle gemeinsam." S. 36

Und trotzdem ist die Verbindung zwischen den Dreien immer zu spüren. Sie gehören zusammen, sind "die Zauberschwestern".

Zu Hause gestrandet werden sie nun jedoch nicht nur mit den eigenen, sondern auch den Problemen der anderen Schwestern konfrontiert, was zu einigen Spannungen führt. Denn es fällt ihnen allen schon wahnsinnig schwer, sich selbst gegenüber ein Scheitern einzugestehen, den anderen gegenüber offen zu sein ist noch einmal eine ganz andere Nummer. Zumal sie ein gewisses Konkurrenzverhalten aus Kindertagen, so blöd sie es auch selbst finden, nie ganz überwunden haben.

Der ganze Roman ist gespickt mit Shakespeare-Zitaten, die sich perfekt in den ansonsten locker-leichten Schreibstil einfügen. Ein besonders Hintergrundwissen bezüglich der Shakespeare-Stücke ist zum Verständnis des Romans nicht erforderlich. Wichtige Anspielungen werden ausreichend erklärt. (...irgendwie habe ich gerade das Bedürfnis nach "Macbeth" zu greifen.)

Nicht nur die Schwestern, sondern auch die übrigen Figuren dieses Romanes sind interessant gestaltet. So sind auch die Eltern der Drei recht speziell. Die beiden führen einen eher ungewöhnlichen Haushalt, in dem Lesen einen ganz besonderen Stellenwert hat. Lebenswichtig und unverzichtbar.

"Die Laster unserer Familie - Unordnung und Literatur..." S. 34

Bloß für das Ende gibt es einen Punktabzug, denn das ist an Kitsch kaum noch zu übertreffen. Eine Gesichte positiv und hoffnungsvoll enden zu lassen ist eine Sache, aber diese Zuckerorgie war eindeutig zu viel des Guten. Sorry, aber das letzte Kapitel und der Epilog gehören umgeschrieben.


Montag, 9. Mai 2016

Sonya Bateman - Wrong Side of Hell

The DeathSpeaker Codex

Band 1 - Wrong Side of Hell
Band 2 - Fields of Blood
Band 3 - Realm of Mirrors
Band 4 - Return of the Hunters (noch nicht erschienen)



Gideon Black hat eine Ausbildung zum Rettungssanitäter abgeschlossen, doch ansonsten entspricht sein Leben nicht gerade den gesellschaftlichen Normen: Er lebt in seinem Van und verdient sich den Lebensunterhalt damit, für die Polizei und andere Kunden Leichen durch die Gegend zu fahren. Und hin und wieder hilft er einem befreundeten Detective, da er ein besonderes Gespür dafür hat, die letzten Minuten eines Verstorbenen zu rekonstruieren.

Als nun innerhalb weniger Tage im Central Park zwei Leichen mit identischen Tätowierungen auftauchen werden Detective Strauss und Gideon aufmerksam. Doch ohne Erklärung wird Strauss von dem Fall abgezogen und die Leichen zu Opfern eines Wolfsangriffs erklärt. Das hält Gidon jedoch für unmöglich und beschließt, auf eigene Faust weitere Nachforschungen anzustellen... und gerät dabei zwischen die Fronten einer Geheimorganisation und den Anderen.

Werwölfe, magische Amulette, Feen und ein fieser Geheimbund, hier sind sie alle versammelt und bevölkern eine düster-spannende Geschichte.

Gideon Black ist der typische Ich-Erzähler einer actionreichen Urban-Fantasy-Story. Völlig ohne Plan gerät er in eine ihm fremde Welt, die der Leser mit ihm zusammen erkundet. Denn in New York leben neben den Menschen auch noch die Anderen. Die Feen, die Werwölfe, die Boogeypersonen (ja, auch hier gibt es politische Korrektheit) und einige andere fantastische Figuren mehr. Gideon wirkt sympatisch und ist alles andere als perfekt. Und natürlich - und auch das ist für dieses Genre wohl typisch - hat die immer einen lockeren Spruch auf den Lippen. Überhaupt spielt der Humor in dem Buch eine wichtige Rolle.

Auch die anderen Figueren wirken interessant, brauchen aber dringend noch etwas Spielraum, um sich zu entfalten. Dazu war dieser Roman dann vielleicht etwas zu dicht gedrängt. Ein paar Seiten mehr hätten nicht geschadet. Und vielleicht hat die Figur Gideon etwas zu schnell gelernt mit Magie umzugehen. Allerdings scheint das auch für einige der übrigen Figuren seltsam zu sein, so dass ich das erst mal hinnehmen kann mit dem Gedanken, dass da hoffentlich noch eine Erklärung nachgereicht wird.

Diese Reihe werde ich wohl mal im Auge behalten...

Dienstag, 3. Mai 2016

Phillip P. Peterson - Transport

Es ist mal wieder Scifi-Zeit und dieses Buch wartete schon viel zu lange ungelesen auf meinem Reader. Völlig zu unrecht, denn das rasante Actionspektakel hat mich richtig gut unterhalten.



Story:
Russel Harris sitzt im Todestrakt und wartet auf seine bevorstehende Hinrichtigung. Als ihm die Möglichkeit geboten wird, durch die Teilnahme an einer geheimen militärischen Mission seine Begnadigung zu erreichen, zögert er nicht lange. Doch diese Mission erweist sich als ziemlich speziell.

Ein außerirdisches Artefakt wurde entdeckt, mit dem Menschen auf fremde Planeten transportiert werden können. Leider weiß niemand so genau, wie der Apparat funktioniert, die Zielanwahl erfolgt rein zufällig, und während der erste Versuch mehr oder weniger erfolgreich verläuft, wird der enthusiastische zweite Astronaut zu Matsch. Die Freiwilligenzahl tendierte daraufhin verständlicherweise gen Null. Und so kommt das Militär auf die Idee, todgeweihten Gefangenen die Chance zu geben, durch das Absolvieren von Testtransporten eine Begnadigung zu erreichen, während die zuständigen Wissenschaftler hoffentlich dadurch die genaue Funktionsweise des Artefakts entschlüsseln.

Die Grundidee erinnert etwas an die Fernsehserie StarGate, wenn auch in einer wesentlich abgebrühteren Fassung (trotzdem sah Russel für mich aus wie Richard Dean Anderson *g*). Auch hier besitzt die Airforce ein Gerät, mit dem Menschen zu anderen Planeten geschickt werden können. Es besteht in dieser Geschichte jedoch keine Möglichkeit, vorher zu erkennen, was den Reisenden dort erwartet und ob er eine Chance hat, den Trip zu überleben. Darüber hinaus scheint es den Verantwortlichen auch nicht besonders schwer auf dem Gewissen zu lasten,  dass hier Menschen als Versuchskaninchen eingesetzt werden.

Das ganze Gesellschaftsbild ist sehr düster gestaltet und Peterson schafft es, mit wenigen Worten eine beklemmende Athmosphäre zu kreieren. Dagegen sind die Figuren vielleicht ein klein wenig blaß geblieben, da hätte ich mir an manchen Stellen etwas mehr Entfaltungsspielraum gewünscht. Durch die rasant voranschreitende Handlung wird dies jedoch wieder wett gemacht.

Den Sprachstil würde ich als schnörkellos und gradlinig beschreiben.

Wer spannende Science Fiction mag ist mit diesem Roman sicherlich gut bedient.

Hier geht es zur Homepage des Autors: www.raumvektor.de

Sonntag, 24. April 2016

Mary Simses - Der Sommer der Blaubeeren

Originaltitel: The Irresistible Blueberry Bakeshop & Café
Übersetzer: Carolin Müller


Um einen Brief ihrer verstorbenen Großmutter zu überbringen fährt die erfolgreiche New Yorker Anwältin Ellen nach Beacon, Maine. Als sie direkt nach ihrer Ankunft durch einen maroden Steg einbricht und beinahe ertrinkt, fesstellen muss, dass ihr Hotel nicht einmal ein funktionierendes Faxgerät hat und ihr Handy nur auf dem Klo Empfang hat ist für sie eines klar, sie muss so schnell wie möglich wieder nach Hause in die Zivilisation. Doch dem Charme der Kleinstadt kann sie sich nicht so leicht entziehen, wie sie das eigentlich möchte. Und dann wären da auch noch die Hinweise auf die Vergangenheit ihrer Großmutter, die in diesem Ort aufwuchs und dort ihre erste große Liebe zurückließ. ...und ein klein wenig liegt es wohl auch an Roy, der sie aus dem Wasser gezogen hat. Wobei das natürlich gar nicht notwendig gewesen wäre. Sie kam schließlich bestens allein zurecht. Und überhaupt ist sie ja bereits mit dem perfekten Mann verlobt.

"Der Sommer der Blaubeeren" finde ich ehrlich gesagt nicht annähernd so schön wie den Originaltitel. "The Irresistible Blueberry Bakeshop & Café". Das klingt doch fantastisch. So besonders, leicht verträumt und kitschig schön. Klar, es ist ein typischer leichter Sommerroman. Aber das versteht man auch, wenn das Wort "Sommer" nicht explizit auf dem Buch steht. Ungeachtet dessen ist das Buch aber perfekt zum Abschalten und genießen.

Apropos genießen: Dem Buch vorangestellt ist ein Repezept für Blaubeer-Muffins, dass sich ziemlich gut anhört. Es wirkt ein klein wenig wie Omas alte Rezepte, eine Tasse hiervon, eine halbe Tasse davon. Keine Messbecher oder elektrische Rührgeräte. Die werde ich bestimmt demnächst mal nachbacken.

Ein wenig vorhersehbar ist die Geschichte natürlich schon. Das hat mich beim Lesen jedoch nicht gestört. Dafür sind die Figuren überaus sympathisch dargestellt. Und zwar alle. Das hat mir besonders gefallen, denn Simses verzichtet völlig auf irgendwelche Bösewichte. In dieser Art Sommerlektüre hat die reale Welt eben einfach nichts verloren und da sind dann auch alle eigentlich ganz niedlich. Wer hin und wieder mal etwas Heile-Welt-Geträume braucht liegt mit diesem Buch goldrichtig.

Soundtrack zum Roman:
Eine Mischung aus alten Jazz Klassikern, allen voran Ella Fitzgerald, und Countrysongs.

Montag, 11. April 2016

Mit Cello und Liebeskummer von Catrina Davies


In einer Buchhandlung bin ich vor kurzem über einen Tisch mit Reiseberichten gestolpert. Nichts allzu Ernsthaftes, mehr diese locker flockig erzählten Geschichten, die Lust auf Urlaub und ferne Gegenden machen. Dieses hier musste mit:


Ein Trip nach Norwegen in Richtung Mitternachtssonne und jede Menge Straßenmusik? Klingt erst einmal spannend. Die Ausführung war dann jedoch leider weniger faszinierend. Denn abgesehen vom schulaufsatzmäßigen Schreibstil konnte mich auch der Inhalt nicht vom Hocker reißen.

Jaaaaaaa, da ist also eine junge Frau allein unterwegs, um ein Abenteuer zu erleben. Und eigentlich sollte ich das jetzt bestimmt ganz toll finden. Frauenpower und so. Aber dieses Mädel ist einfach so furchtbar naiv und nervig und die getroffenen Entscheidungen sind teilweise mehr als fragwürdig. Gerade mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass hier (mehr oder weniger) reale Erlebnisse geschildert werden, ist es schon befremdlich, wie sie völlig blauäugig allen um sich herum vertraut - und tatsächlich auch bloß auf hilfsbereite Gutmenschen trifft. Glück gehabt. Realistisch ist aber anders.

Zurück zur Story. Ein Freund unserer Hauptfigur, dessen Traum es war, als Straßenmusiker durch die Gegend zu ziehen, stirbt bei einem Unfall. Außerdem hat ihr ach so toller Ex-Freund Jack sie sitzen gelassen und sie will weg aus ihrem Kaff. Also schnell mal einen altersschwachen Transporter gekauft, der fast schon zerfälllt und los um den Traum des verstorbenen Freundes auszuleben. Mit ihrem Cello. Blöd ist bloß, dass sie a) nicht besonders gut spielen kann, b) es hasst vor anderen Leuten zu spielen und c) auch gar kein passendes Repertoir hat. Jay, willkommen Straßenmusikerkarriere. Man ahnt es schon, so richtig viel hat das Buch mit Musik dann doch nicht zu tun. (Und Udos Göttin war sie auch nicht.)

Bleibt die Reise an sich. Sie fährt durch eine atemberaubende Gegend, Fjorde, Gebirgspässe... das wäre der Zeitpunkt für grandiose Naturbeschreibungen. Aber nix da, dafür weiß ich jetzt, dass man, wenn man auf dem Riksveien 55 bleibt zur E6 kommt, die nach Trondheim führt. Ich will hier aber einen Reisebericht und keine Straßenkarte lesen. Also wieder nix für mich.

Und da ich mit dem Esotherik-Abschnitt in der Mitte auch nichts anfangen kann bleibt dieses Buch für mich ein Fehlgriff.

Sonntag, 14. Februar 2016

Peter V. Brett - Das Lied der Dunkelheit

Originaltitel: The Painted Man
Übersetzung: Ingrid Herrmann-Nytko


Band 1: Das Lied der Dunkelheit
Band 2: Das Flüstern der Nacht
Band 3: Die Flammen der Dämmerung
Band 4: Der Thron der Finsternis

Novellen:
1. Der große Basar 
2. Das Erbe des Kuriers

Dies ist der erste Band von Bretts Demon-Zyklus. Den meisten Fantasy-Lesern ist diese Reihe bestimmt schon lange bekannt, immerhin steht sie in den meisten Buchläden schon seit Jahren im Regal. Für den Rest noch mal kurz zum Inhalt:

Sobald die Sonne untergeht betreten Dämonen die Spielfläche. Diese sind so gut wie nicht zu besiegen, so dass sich die Menschen nachts hinter Schutzsiegeln in ihren Häusern verbergen. Vor langer Zeit soll es einmal Möglichkeiten gegeben haben, sich diesen finsteren Wesen erfolgreich entgegenzustellen, doch das Wissen darüber ging schon vor langer Zeit verloren. Doch eine Prophezeiung besagt, dass irgendwann der Erlöser kommen soll, der die Dämonen in den Horc zurücktreibt und die Menschen befreit.
 

In diesem ersten Teil lernt der Leser drei junge Menschen aus unterschiedlichen Dörfern kennen und sieht sie aufwachsen. Da wäre zum einen Arlen, ein junger Bursche mit einem besonderen Talent zum Bannzeichnen. Des weiteren gibt es das Mädchen Leesha, dass eine Lehre bei einer recht biestigen Kräuterkundlerin den Heiratsvermittlungsversuchen ihrer Mutter vorzieht. Und dann ist da noch Rojer, der seine Familie verliert und von einem Jongleur aufgezogen wird.

Das ganze liest sich flüssig und leicht... vielleicht etwas zu reibungslos. Bitte nicht falsch verstehen, die Geschichte an sich ist schon spannend, aber sprachlich doch recht einfach gehalten. Außerdem hat das Buch ein wenig von einem riesigen Prolog, in dem erst einmal die Figuren aufgestellt werden, bevor es im nächsten Band dann richtig los geht.

In anderen Büchern bekommt man oft schillernde und problembeladene Hauptfiguren präsentiert und erfährt erst nach und nach, was hinter deren Fassade steckt. Hier ist es genau umgekehrt und es wird viel Zeit und Geschichte in genau diese Entwicklung gesteckt. Gefällt mir von der Idee her. Allerdings stehen die Figuren für mich an manchen Stellen arg auf der Kippe zum nervig werden. Besonders Arlen und Leesha sind stets mutig und klug und rechtschaffen. Und natürlich auch noch überaus attraktiv. Währenddessen kommt  ein Großteil der Nebenfiguren leider etwas dümmlich daher. Naja, vielleicht entwickelt sich ja im Folgeband insoweit ein besseres Gleichgewicht.


Sonntag, 7. Februar 2016

Claire Winter - Die Schwestern von Sherwood





"Eine geheime Botschaft, eine verbotene Liebe, eine tödliche Schuld" 


Soviel verspricht der Einband und lädt damit zu einer gemütlichen Schökerrunde mit bittersüßer Liebesgeschichte und düsterem Familiengeheimnis. Perfekt zum Abtauchen und Seele baumeln lassen.

Die Geschichte wird in zwei Ebenen erzählt.

1948 bemüht sich Melinda in Berlin um eine Festanstellung als Journalistin. Als ihr anonym ein Paket mit alten Liebesbriefen und Landschaftszeichungen zugestellt wird kann sie damit zwar zunächst nichts anfangen, ist aber von den gefühlvollen Briefen an eine namenlose Frau fasziniert. Das Paket enthält jedoch noch einen weiteren Gegenstand, der eine Verbindung zu ihrer Großmutter hat. Somit sind persönliche und berufliche Neugier geweckt und Melinda versucht, das Geheimnis dieses Päckchens zu lösen und gleichzeitig mehr über ihre eigene Familie zu erfahren.

In der zweiten Erzählebene geht es um die Schwestern Cathleen und Amalia die im englischen Dartmoore aufwachsen. Dieser Handlungsstrang setzt 1881 ein, als die damals sechsjährige Amalia durch eine Erkrankung ihr Gehör verliert und begleitet die beiden bis ins Erwachsenenalter.

Schon bald führen Melindas Recherchen sie ins Dartmoore und auf die Spur von Cathleen und Amalia, der beiden Schwestern, die vor etwa 50 Jahren im Moor verunglückt sein sollen. Doch die Dörfler zeigen wenig Begeisterung dafür, dass Melinda an der alten Geschichte rührt.

Hach ja, das Buch entwickelt sehr schnell eine Sogwirkung - ich war am Wochenende praktisch am Sofa festgetackert. Es liest sich angenehm flüssig, so dass sich schon nach wenigen Zeilen das Kopfkino einstellt. Also ideal, um in der Geschichte zu versinken. Gerade zu Beginn hat das Moor eine unwiderstehlich und leicht unheimliche Wirkung, die eigene Spekulationen um das Schicksal der dort verschwundenen Schwestern geradezu herausfordert. So einen gewissen Kitschfaktor gibt es natürlich schon, der gehört aber unbedingt dazu.

Dabei muss ich sagen, dass ich wirklich beide Erzählebenen gleichwertig gut fand. Oft habe ich bei solchen Erzählstrukturen einen klaren Favoriten und warte nur darauf, dass es dort weitergeht, aber hier haben mir beide Teile gefallen und ich habe in beiden mitgefiebert.

 Cathleen und Amalia wachsen in einem reichen Haushalt auf, gehören jedoch zum großen Bedauern ihrer Mutter nicht zur Oberschicht. Durch ihre Töchter versucht diese nun, gesellschaftliche Verbindungen zu knüpfen. Die Behinderung von Amalia steht ihren Bemühungen jedoch im Wege, so dass mehr und mehr versucht wird, die beiden Schwestern zu trennen und Amalia vor der Öffentlichkeit zu verstecken.

Ein großer Teil dieser Erzählebene wird aus Amalias Sicht geschildert, die sich nicht nur mit ihrer Taubheit arrangieren muss, sondern auch mit der gesellschaftlichen Ausgrenzung und der Ablehnung durch ihre Mutter. Nur das enge Band zwischen den Schwestern bleibt erhalten. ... bis Amalia ihm im Moor begegnet und zum ersten mal ein Geheimnis vor Cathleen hat.

Einfach zum Dahinschmelzen. Zum Ende hin vielleicht etwas viel Drama, aber trotzdem ein richtiges Wohlfühlbuch.


Montag, 1. Februar 2016

Runrig - The Story

Dies ist zwar ein Buchblog, aber wenn die Lieblingsband ein neues Album herausbringt muss eine Ausnahme her.


Denn es ist daaaaa! "The Story" heißt das gute Stück. Vorbestellt hatte ich die Scheibe schon vor einer gefühlten Ewigkeit und dann hibbelig auf die Auslieferungsmitteilung gewartet. Dem Postboten habe ich natürlich nicht aufgelauert... es war reiner Zufall, dass ich an der Tür war, bevor er klingeln konnte. Ehrlich *g*.


Nach dem großartigen letzten Album "Everything you see", dass, wie ich gerade festgestellt habe, bereits 2007 erschienen ist (Hilfe, ich werde alt - ist das echt schon so lange her?), gibt es jetzt etwas Neues von den Jungs. Hab ich schon erwähnt, dass ich mich freue?

Bei dieser CD lohnt es sich übrigens sehr zur Premium Edition zu greifen, da diese mit einem 32-seitigen Booklet daherkommt. Ohne Näheres zu wissen würde ich mal darauf tippen, dass dies hauptsächlich von den Macdonald-Brüdern gestaltet wurde. Es erinnert vom Stil her nämlich sehr an deren Songbook "Flower of the West" und enthält neben den Songtexten Gedanken zu geschichtlichen Ereignissen der letzten 50 Jahre, Fotos, Zitate, Tagebuchauszüge, sowie Übersetzungen der gälischen Songtexte ins Englische. (Und damit ist dann, wenigstens für einen Moment, auch der Bogen zu einem buchigen Thema geschlagen.)

"And I can't help feeling it will always be
The story of the life inside of me"

Diese beiden Zeilen aus dem Song "The Story" beschreiben ziemlich genau, worum es in diesem Album inhaltlich geht. Es ist wie ein Querschnitt aus einem halben Jahrhundert, voller Tränen und Lachen und Menschlichkeit.

Und auch auf diesem Album herrscht der typische Runrig-Sound vor, von rockig bis sanft ist alles dabei. Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt, wie diese Stücke live klingen werden.

Bezüglich des Gesangs fällt auf, dass Rory Macdonald diesmal sehr präsent ist. Zwar übernimmt Bruce Guthro in sechs von zehn Titeln den Hauptpart, es gibt von ihm jedoch kein Solostück. Schade eigentlich. Dagegen singt Rory vier Songs allein und ist in allen anderen zumindest im Refrain zu hören. ... allerdings ist das Jammrn auf hohem Niveau, denn die Stücke an sich gefallen mir allesamt wahnsinnig gut.

Anspieltipps: Onar, Every Beating Heart, Rise and Fall

Dienstag, 12. Januar 2016

Michael J. Sullivan - Zeitfuge



Ellis Rogers hat aufgrund einer unheilbaren Lungenkrankheit nur noch wenige Monate zu leben. Als er am Tag der Diagnose auch noch erfährt, dass seine Frau mit seinem besten Freund fremdgegangen ist, beschließt er, alles zurück zu lassen und den Sprung in die Zukunft zu wagen. Doch statt der geplanten 200 Jahre landet er 2000 Jahre in der Zukunft... und die ist ganz anders als erwartet.

Ha, endlich mal wieder ein Zeitreiseroman. Auf dieses Buch hatte ich mich schon sehr gefreut.

Das der Geschichte vorangestellte Vorwort hätte man, was meinen Geschmack angeht, aber lieber weglassen sollen. Zunächst einmal stellt der Autor fest, dass Zeitreisen, wie sie hier beschrieben werden, nicht möglich sind. Öhm ja, echt jetzt? Beim Weiterlesen habe ich dann auf die Pointe gewartet. Aber nein, es geht mit so einer Art Rechtfertigung dafür weiter, dass er Fantasy-Elemente nutzt und sein Hauptaugenmerk nicht auf dem technischen Aspekt liegt. Das wirkt auf mich etwas befremdlich. Kann er nicht einfach seine Geschichte erzählen und den Leser selbst entscheiden lassen, ob ihm das Gelesene in den Kram passt?

Des Weiteren zieht der Autor schon im Vorwort Vergleiche zu H.G. Wells "Die Zeitmaschine". Dadurch wird natürlich eine ganz bestimmte Erwartungshaltung erzeugt. denn wer kann schon so etwas lesen, ohne an Morlocks und Eloi zu denken? (Und dann natürlich in Sullivans Roman nach Entsprechungen zu diesen zu suchen?) Außerdem legt er die Erwartungs-Meßlatte durch seinen Vergleich mit einem der Meister der Science Fiction schon ziemlich hoch.

Der Roman an sich hat mir da schon wesentlich besser gefallen. Mit den Gedanken an "Die Zeitmaschine" im Kopf ging es dann mit der Hauptfigur Ellis Rogers ab in die Zukunft. Die Ankunft im Dschungel wirkte dann auch dank der vorprogrammierten Erwartungshaltung nicht sooo unerwartet. Doch ab da hat sich Sullivan schon einiges Eigenes einfallen lassen. So wird Ellis Zeuge eines Mordes, ein Verbrechen, dass in der dortigen Gesellschaft so gut wie nicht mehr vorkommt und gerät mitten in die Ermittlungen.

Die Beschreibung der dortigen Gesellschaft und der Umgebung fand ich jedoch um einiges spannender als den Mordfall. Zumal hier auch schon ab der Mitte klar war, wer dahinter steckt. Ein wirklich großes Geheimnis gab es eher nicht, auch wenn Ellis ziemlich lange braucht, um zur Auflösung zu kommen. Überhaupt wirkte er mir in vielen Szenen einfach viel zu naiv. Er ist eine Figur mit reichlich Lebenserfahrung, lässt sich aber völlig ahnungslos manipulieren, während der Bösewicht einfach nur offensichtlich ganz miese Vorstellungen verbreitet. Wie er dessen Geschwafel nicht sofort durchschauen kann bleibt unverständlich. Gerade weil auch der Autor im Nachwort so darauf drängt, dass er immer verschiedene Sichtweisen in Betracht zieht, hätte ich es eleganter gefunden, wäre der Gegenspieler etwas undurchschaubarer gewesen.

Hatte ich schon erwähnt, dass die Weltbeschreibung toll war? Über die einzelnen Schauplätze hätte ich noch viel mehr lesen können. Die reißen wirklich einiges wieder heraus (selbst das Geschwafel am Ende).

Montag, 11. Januar 2016

Benedict Jacka - Cursed


Band 1 - Fated
Band 2 - Cursed
Band 3 - Taken
Band 4 - Chosen
Band 5 - Hidden
Band 6 - Veiled
(bislang keine Übersetzung vorhanden)



Auch im zweiten Teil der Reihe um Alex Verus geht es wieder turbolent zur Sache, trotzdem reicht dieser Band für mich nicht an den ersten heran. Das Buch ist sicherlich unterhaltsam, die große Begeisterung löst es aber bei mir leider nicht aus.

Handlung:
Jemand (oder Etwas) scheint es auf magische Kreaturen abgesehen zu haben. Da diese bei den meisten Zauberern jedoch nicht gerade hoch im Kurs stehen (Werwölfe & Co. sind halt lästige Monster) kümmert sich zunächst niemand darum. Auch Alex hat andere Probleme, denn eine wunderschöne Frau erscheint in seinem Laden - leider mit einem magischen Konstrukt im Schlepptau, dass ihr ans Leder will. Und als wären das nicht genug Probleme bringt Luna auch noch einen Freund mit, der in Alex' Laden ein gefährliches magisches Artefakt mitgehen lässt.

Tja, die Story ist an sich gar nicht übel. Und keine Frage, Jacka ist richtig gut darin, wenn er Action-Szenen schreibt. Doch trotz des bunten Treibens brauchte es ein wenig Zeit, bis die Geschichte in Fahrt kam. Die Passage "nervige Kunden" fand ich zum Beispiel zwar amüsant, für die Handlung waren diese Szenen jedoch völlig ohne Belang. Die hätten gut als Bonus in irgendeinen Anhang oder meinetwegen auf Jackas Website gepasst, als Buchbestandteil wirkte es aber leider wie Füllmaterial. Den gesamten Block hätte man auch an jeder anderen beliebigen Stelle einsetzen können, ohne auch nur ein Wort zu ändern.

Außerdem fand ich es sehr schade, dass die Figuren nicht groß weiterentwickelt wurden. Da besteht sicherlich noch eine Menge Potential, aber in dieser Hinsicht tritt der Roman auf der Stelle. Ganz kurz wird mal etwas Zwischenmenschliches angerissen, aber es wird nicht weiter darauf eingegangen. Reine Actionfans werden mit diesem Roman sicherlich glücklich, mir fehlte aber etwas mehr drum herum. Gerade im letzten Drittel wird mir deutlich zu viel in der Gegend herumgeballert. Ich mag halt fein durchdachte Lösungen lieber als diese Rambo-Nummer.

Und nach so viel Gemeckere noch etwas Positives: Die Namen!
Jacka hat einen Faible für Namen mit Bedeutung. Da lohnt es sich tatsächlich, einmal genauer hinzuschauen. Allein schon die Idee, einen der mächtigsten Magier des Rates "Levistus" (Dämon aus Dungeons & Dragons) zu nennen finde ich klasse. Da kann der Typ offiziell noch so sehr zu den Guten gehören, der Name ist Programm. Und auch der gute Talisid stammt aus dem Rollenspiel und entspricht dem dort angegebenem Profil. Aber mein Favorit ist wohl Sonder, der nach einem Runenstein benannt ist. Das passt einfach perfekt zu diesem nerdigen Historiker/Zeit-Magier.



Kritik am E-Book:
Anführungszeichen!!!!!!!!! Ich bin nicht besodners pingelig, wenn sich mal der ein oder andere Tippfehler in ein Buch einschleicht. Zwar auch nicht gerade begeistert, doch so was kann selbstverständlich vorkommen. Aber hier wurden ständig (oft mehrmals pro Seite) die Anführungszeichen am Beginn der wörtlichen Rede vergessen. grrrrr, das liest sich echt blöd.

Sonntag, 3. Januar 2016

Benedict Jacka - Fated



Band 1 - Fated
Band 2 - Cursed
Band 3 - Taken
Band 4 - Chosen
Band 5 - Hidden
Band 6 - Veiled
(bislang keine Übersetzung vorhanden)










Wartet noch jemand sehnsüchtig auf den nächsten Harry-Dresden-Roman? Dem kann ich Alex Verus wärmstens empfehlen. Der Vergleich scheint dem Autor selbst wohl auch gar nicht so unangenehm zu sein, immerhin gibt es direkt ganz zu Anfang einen sehr charmanten Verweis auf ein Gerücht über einen Magier in Chicago, der angeblich in den gelben Seiten inserieren soll. Ich gebe es ja zu, damit hatte mich Jacka und das Buch war gekauft.

Es gibt bezüglich der Hauptfigur schon einige Parallelen zur Butchers Romanhelden, so hatte auch Alex einen brutalen, zwischenzeitlich verstorbenen Lehrmeister, steht auf nicht besonders gutem Fuß mit dem Magierrat und hat einen auffälligen Hang dazu, in Schwierigkeiten zu geraten. Trotzdem überwiegen die eigenständigen Ideen und die Geschichte um Alex Verus hat mich in ihren Bann gezogen.

Alex ist ein Diviner, er kann in die Zukunft sehen, oder eher die möglichen Wahrscheinlichkeiten bestimmter Handlungen voraussehen. Das macht ihn gegenüber anderen Magiern im direkten Vergleich nicht unbedingt zur stärksten Figur, wenn auch zu einer seltenen. Feuerbälle werfen oder ähnliche Spielereien kann er vergessen. Für mich als Leser wird es aber um so interessanter, wenn er sich mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, genau geplanter Vorbereitung, Einfallsreichtum oder einfach einen dreisten Bluff den Problemen entgegenstellte.


In diesem ersten Band steht ein mächtiges Artefakt im Mittelpunkt des Interesses. Dieses befindet sich gut gehütet im Besitz des Magierrates. Es ist jedoch verschlossen und Versuche, es ohne den richtigen Schlüssel zu öffnen... enden unerfreulich. Ein Diviner muss also her, um voranzukommen. Wie schon oben erwähnt gibt es gewisse Spannungen zwischen Alex und dem Rat, so dass dieser nicht unbedingt Interesse daran hat, dem Rat zu helfen, und ablehnt. Da aber bekanntlich gut gehütete Geheimnisse immer irgendwie an die Oberfläche drängen, haben auch andere Fraktionen es auf das Artefakt abgesehen. Und diese düsteren Gestalten lassen ein "nein" nicht so einfach gelten. Ehe er sich versieht steht Alex zwischen den verschiedenen Parteien, die ihn notfalls eher umbringen würden als zuzulassen, dass er der Konkurrenz hilft.

Auch die Nebenfiguren haben mir gefallen. Da wäre zunächst Luna, die mit einem Fluch belegt ist, der anderen Menschen Unglück bringt, wenn sie ihr zu nahe kommen. Gleichzeitig ist sie jedoch auch Alex einzige Verbündete. Abgesehen vielleicht von Starbreeze, einem liebenswerten aber doch eher einfach gestrickten Luftgeist. Und auch einige der Fieslinge haben jede Menge Potential und treten in den weiteren Bänden hoffentlich noch öfter auf.